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Toni Schönfelder A lifetime of innovation



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Toni Schönfelder
A lifetime of innovation

 
 
 
 
Eine häßliche Demokratie Frank Gerstenberg  
 
Über Rußlands Medienhimmel brauen sich dunkle Wolken zusammen: Zeitungen und Fernsehen drohen nach der Präsidentenwahl im vorigen Jahr ihre gerade erst gewonnene Unabhängigkeit wieder zu verlieren. Diesmal jedoch weniger an den Staatsapparat als an die Finanzwelt. Rußlands neue Oligarchie aus Bankern und Geschäftsleuten hat nach der erfolgreichen Unterstützung der Medien für Boris Jelzin erkannt, welche Macht von Wort und Bild ausgehen kann, und hat sich daher in großem Stil in Verlage wie in Rundfunkanstalten eingekauft, die das Geld bitter nötig haben. Der Preis ist indes hoch: Die Medien drohen wieder in ihre über siebzig Jahre eingeübte Rolle zurückzufallen: Instrument der Mächtigen zu sein. Eine Zeitlang hatte es so ausgesehen, als sollte es in Rußland zum erstenmal eine freie Presse geben. Für den Wandel von der "Agitation" zur "Information" stand seit dem Ende der Sowjetunion im Jahre 1991 die Moskauer Tageszeitung Iswestija. Vom einstigen Regierungsorgan des Obersten Sowjets entwickelte sich das Blatt zu einer Qualitätszeitung liberaler Prägung, die auch im westlichen Ausland hohes Ansehen genießt. Die Iswestija symbolisierte die neugewonnene Pressefreiheit und deckte immer wieder Skandale in Regierung, Armee oder Geheimdienst auf. Doch jetzt ist die überregionale Zeitung zum Seismographen für die Erosion der russischen Presselandschaft geworden.  
 
Ende 1996 schienen noch goldene Zeiten auf den Verlag zuzukommen: Der Ölmulti LUKoil hatte soeben 19,9 Prozent der Anteile übernommen. Chefredakteur Igor Golembiowskij hoffte auf Expansion und auf zwanzig Regionalausgaben. Vereinzelte Warnungen vor einem Ausverkauf der Freiheit und der Unabhängigkeit wies er zurück: "Versuche, die politische Linie des Blattes oder ihr Niveau zu verändern, werden wir auf keinen Fall zulassen."  
 
Heute, nur knapp sechs Monate später, hält LUKoil 51 Prozent der Anteile. Nachdem die LUKoil-Manager Golembiowskij in einen zweimonatigen Zwangsurlaub geschickt hatten, gab der 62jährige Journalist Mitte Juli als Chefredakteur auf. Ein Anlaß für das Zerwürfnis war ein regierungskritischer Artikel, den die Redaktion Anfang des Jahres von Le Monde übernommen hatte. Er bezichtigte Ministerpräsident Wiktor Tschernomyrdin, seit seinem Amtsantritt 1992 ein Vermögen von umgerechnet fünf Milliarden US-Dollar angehäuft zu haben. Tschernomyrdin dementierte, die LUKoil-Manager hingegen schäumten vor Wut. Sie benötigen nämlich für die rechtmäßige Ausbeutung kasachischer Ölvorkommen die Genehmigung des Ministerpräsidenten. Der stellte seine Unterschrift jedoch erst einmal zurück.  
 
 
Forderungen der Unternehmensführung nach Entlassung des Chefredakteurs quittierte die Redaktion zunächst mit öffentlichem Protest: "Das Schema des Hausmeisters oder Wie in Rußland die politische Zensur wiederkehrt" titelten sie auf Seite eins der Iswestija. Dreizehn Chefredakteure von zehn Moskauer Zeitungen und der Journalistenverband beteiligten sich und riefen Boris Jelzin höchstpersönlich dazu auf, der Gängelung Einhalt zu gebieten. Zum Schutz ihrer Unabhängigkeit holte Iswestija zudem die Onexim-Bank mit ins Boot - ein weiteres Eigentor. Die Onexim-Bank steht dem mächtigen Vizepremier Anatolij Tschubajs nahe. Als die Iswestija dann am 1. Juli einen Artikel über zweifelhafte Finanzgeschäfte des windigen Reformers veröffentlichte, war für Golembiowskij endgültig Schluß. Neuer Chefredakteur wurde der bisherige Stellvertreter Wassilij Sacharko.  
 
Wohin der Weg Rußlands führt, ist angesichts derartiger Ereignisse ungewisser denn je. Noch immer taumelt das euroasiatische Riesenreich zwischen Reform und Restauration. Wichtiger Gradmesser hierfür sind die Medien. Als effektivster Wahlhelfer Jelzins im vergangenen Jahr mit längeren Sendezeiten und finanzieller Unterstützung vom Kreml reich belohnt, verlieren sie zunehmend, was sie im Verbund mit Wirtschaft und Politik gegen die kommunistische und rechtsextremistische Gefahr zu sichern gehofft hatten: ihre journalistische Freiheit und Unabhängigkeit.  
 
Paradebeispiel für den journalistischethischen Niedergang ist der Fernsehsender NTW. Im Tschetschenienkrieg noch für die "mit Abstand unabhängigste und objektivste Berichterstattung" international gelobt, ist der 1994 gegründete Kommerzsender mittlerweile zum butterweichen Haus- und Hofberichterstatter verkommen. Als wichtiges Rädchen einer gutgeölten Propagandamaschinerie aus Politik, Wirtschaft, amerikanischen PR-Beratern und russischen Medien hatte der Fernsehsender bei der Präsidentenwahl freiwillig maßgeblichen Anteil daran genommen, Boris Jelzin aus den Niederungen der Popularität herauszuhieven. Zehnmal häufiger als dessen Konkurrenten ließ NTW den Präsidenten via Bildschirm zu Wort und Gesicht kommen. Ein entscheidender Faktor: Denn das Fernsehen ist für die 148 Millionen Russen zwischen St. Petersburg und Wladiwostok nach dem Zusammenbruch der zentralistischen Medienpolitik zur einzigen allgemeinverbindlichen Informationsquelle und damit zum effektivsten Propagandamittel geworden. Die Extremistenführer Sjuganow und Shirinowskij freilich besitzen keinerlei Einfluß auf die Fernsehsender. Und mit Gewalt oder Bakschisch machte die Jelzin-Administration schließlich selbst die früher einflußreichen und heute am Existenzminimum herumkrebsenden Regionalzeitungen gefügig, während die kommunistischen Zeitungen ebenso nur eine marginale Rolle spielen wie die faschistische Kleinpresse.  
 
 
Trotz aller Kritik, die internationale Wahlbeobachter an diesem ungleichen Machtpoker üben - Alexander Rahr, Rußlandexperte bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik in Bonn, hält das Zusammenspiel für eine weise Entscheidung: "Damit haben die Unternehmer die grundlegende historische Entscheidung für Rußlands Zukunft getroffen." Eine historische Entscheidung freilich gegen die Demokratie. Denn die öffentliche Meinung wird in Rußland heute von wenigen Großkonzernen gemacht, der "G7", wie die Gruppe der sieben führenden Wirtschaftsunternehmen spöttisch genannt wird. Die Onexim-Bank gehört dazu und auch das einst von Wiktor Tschernomyrdin geleitete Energieunternehmen Gasprom. Die Herrschaft über die Medien haben aber vor allem zwei Männer: der einstige Theaterregisseur Wladimir Gussinskij (44) und sein Widersacher Boris Beresowskij. Gussinskij ist der Medienmogul Rußlands schlechthin. Zu seiner Most-Medien-Gruppe gehören neben den Fernsehsendern NTW und NTW plus unter anderem auch die Tageszeitung Sewodnja, das Nachrichtenmagazin Itogi und der Radiosender Echo Moskwy. Gussinskij unterhält zudem enge Kontakte zu Moskaus Bürgermeister Jurij Lushkow. Beresowskij hat sich vor allem die einst als Bastion einer unabhängigen Presse geltende Nesawisimaja Gaseta sowie den halbstaatlichen Fernsehsender ORT in sein Autohandels- und Ölimperium einverleibt. Nebenbei ist er auch noch Vizechef des Sicherheitsrates.  
 
"Die Großunternehmen haben nach der Wahl die Macht der Medien erkannt und angefangen, sie wieder als Instrumente zu betrachten", zeigt sich Yassan Zassoursky von der Journalismus-Fakultät der Moskauer Universität beunruhigt. Wjatscheslaw Kuznetsow etwa, Manager von Gasprom, gibt unverhohlen zu, daß es seinem Unternehmen bei den Beteiligungen an insgesamt 29 Zeitungen und Fernsehstationen neben den wirtschaftlichen Gewinnen vor allem darum gehe, "die öffentliche Meinung zugunsten der Regierung zu beeinflussen". So genießt heute keine Zeitung und kein Sender noch eine völlige wirtschaftliche und politische Unabhängigkeit.  
 
Staat und Wirtschaft als politische und ökonomische Übermacht, dagegen die in chronischer Finanznot dahinvegetierenden Redaktionen und darüber wie ein Kokon die Mafia. Die angeblich "einzig effektiv arbeitende Organisation der ehemaligen UdSSR" soll heute rund vierzig Prozent der gesamten Wirtschaft Rußlands kontrollieren. Und Alexander Rahr läßt keinen Zweifel daran, daß die Finanzelite Rußlands "zum großen Teil von ebendiesen Mafiastrukturen abstammt". Wenn Wladimir Gussinskij auch versichert, daß es "unter den führenden Unternehmern Rußlands keinen mit Verbrechermentalität" gebe, so zeigte er sich in einem Spiegel-Interview selbst überrascht, "wie weit Kriminalität und Kriminelle in den Kreml eingedrungen waren".  
 
 
Immer mehr Fernsehmacher erweisen sich als willfährige Handlanger werbestarker Unternehmen; unbequeme, unliebsame Journalisten hingegen leben gefährlich. Dimitrij Holdow etwa, ein junger Journalist der Moskowski Konsomolez, fiel 1995 in seiner Redaktionsstube einem Attentat zum Opfer, weil er die Machenschaften der russischen Generäle im Tschetschenienkrieg aufgedeckt hatte. Im vergangenen Monat wurde die Managerin des Fußballklubs Spartak Moskau ermordert; sie wollte einen Sponsorvertrag mit einem japanischen Elektronikkonzern abschließen. Hauptsponsor von Spartak ist jedoch Urengoigasprom, ein Tochterunternehmen der russischen Gasprom.  
 
Die Meinungen über die Demokratie sind angesichts der zahlreichen Freiheitsbedrohungen außerordentlich geteilt. Ludmila Telen, Chefredakteurin der Moscow News, meint, daß die "Enttäuschung und Desillusion über die Massenmedien zur Enttäuschung über die Demokratie selbst geführt" habe. Ihr Kollege Alexander Korsunow, stellvertretender Chefredakteur von Juschnij Ural in Orenburg, formuliert es noch drastischer: Der Zerfall der Sowjetunion sei ein Unglück und habe nationale Zwietracht gesät, die menschlichen Beziehungen zerstört und das Land in eine wirtschaftliche Katastrophe getrieben. "Was wir erreicht haben, ist Korruption und organisiertes Verbrechen, aber keine Demokratie." Doch Alexander Rahr warnt davor, Rußland nach siebzig Jahren Abkoppelung vom Weltmarkt mit westlichen Maßstäben zu messen: "Es ist eine häßliche Demokratie. Aber immerhin ist es eine Demokratie." Sollten die Reformer sich wirklich langfristig durchsetzen, ist sich Rahr sicher, gewönne auch die Presse ihre Meinungsfreiheit zurück, die derzeit durch das ökonomische Patronat und durch die Selbstzensur beschnitten sei.  
 
Ob die mächtigen Wirtschaftsführer ihre nützlichen Instrumente noch einmal freiwillig aus der Hand geben werden, bleibt allerdings abzuwarten. Für die beschränkte Meinungsfreiheit und die Allianz von Wirtschaft und Regierung hat Igor Golembiowskij seine eigene Formel: "Die Medien drohen sich von einem Instrument des Schutzes der Öffentlichkeit vor der Macht zu den Schützern der Macht vor der Öffentlichkeit zu verwandeln."  
 
 
 

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